Der alleingeborene/ überlebende Zwilling –
vom Verlust zum Potenzial
Schätzungsweise mehr als 30% aller Schwangerschaften beginnen als Zwillings- oder Mehrlingsschwangerschaft. Wenn aber nur ein Kind zur Welt kommt, nennt man das „Vanishing Twin Syndrome“*, wofür im Deutschen insbesondere der Begriff „alleingeborener Zwilling“ oder auch immer häufiger „(über)-lebender Zwilling“ üblich ist.
Das Ereignis des vorgeburtlichen Verlusts des Zwillings im Mutterleib (meist im ersten Schwangerschaftsdrittel) ist ein absolut traumatisches Erlebnis von innigster Verbundenheit und „Eins-Sein“ zum Schock durch den Tod des Zwillings/Drillings, der auf Zellebene des überlebenden heranwachsenden Kindes gespeichert wird.
Häufig ist es übrigens den Müttern nicht bewusst, dass sie ursprünglich eine Mehrlingsschwangerschaft hatten.
Eine Vielzahl an typischen, sämtliche Bereiche des Lebens betreffende emotionalen, mentalen und körperlichen Blockaden/Symptome können Hinweise dafür sein, alleingeboren zu sein**, so z.B.:
- starke und unerklärliche Gefühle von Einsamkeit, Verlust- und Trennungsangst
- tiefe Sehnsucht nach Verschmelzung und Verbundenheit oder aber große Schwierigkeiten, Nähe zuzulassen
- unerklärliche Emotionen wie Angst oder Wut, diffuses, nicht erklärbares tiefes Schuld- und/oder Schamgefühl, subtile Traurigkeit und Melancholie, Selbstablehnung, Ohnmacht, Gefühl von mangelnder Zugehörigkeit
- fehlender Lebenswille
- ein übermäßiges Verantwortungsgefühl
- geringer Selbstwert, das Gefühl falsch oder nicht gut genug zu sein
- mangelnde Abgrenzungsfähigkeit/ Unvermögen, sich den eigenen Raum zu nehmen, sich das Recht auf Selbstbestimmtheit zu geben
- Depressionen, Burnout, Anfälligkeit für Stress
- innere Ruhe und Rastlosigkeit (verstärkte Sympathikusaktivität -Sympathikotonie)
- Schwierigkeiten, die eigene Identität und den eigenen Weg zu finden
- sich nicht gesehen/wahrgenommen/verstanden fühlen
- das Gefühl, nicht so richtig bei sich/anwesend/präsent im Körper zu sein
- nicht klar wissen, was man wirklich will, Unentschlossenheit
- unerfüllte Beziehungen und Partnerschaften (Ambivalenz von Sehnsucht nach viel Nähe und der Angst davor, oft unsicher vermeidendes Bindungsverhalten)
- Erfolglosigkeit, Selbstsabotageprogramme
- Leben „mit angezogener Handbremse“/im Hamsterrad
- Hochsensibilität/Erleben von Reizüberflutung
- das eigene Potenzial nicht ausschöpfen bzw. gewisse Fähigkeiten nicht bewusst wahrnehmen
- u.v.m.***
Auch wenn man nicht sämtliche Schwierigkeiten eines Menschen auf das Vanishing Twin Syndrom reduzieren sollte, so weiß man mittlerweile jedoch, dass es gerade die früheren Erfahrungen sind, die uns am meisten prägen und die Grundlage unserer Existenz darstellen.
“Hätte ich das mal früher gewusst…“
Wenn man (endlich) – oft nach einer langen Suche – über beispielsweise Familienaufstellungen, Körperarbeit, Psychotherapie oder Kinesiologie zur Erkenntnis kommt, nicht allein im Mutterleib gewesen zu sein, setzt zumeist ein intensiver Prozess von Erleichterung, (Selbst-)Akzeptanz, und idealerweise Bewusstwerdung des großen Potentials ein, das darin verborgen ist. Viele Klienten, die im Verlauf der Therapie, des Coachings auf das Thema gestoßen sind, sagen mir: „Hätte ich das mal früher gewusst, dann wäre mir viel Leid, Schmerz, mein unerklärliches Gefühl der Schuld, der Unvollkommenheit o.ä. erspart geblieben…“.
Kinesiologisch testen wir emotionale sowie mentale Blockaden aus und lösen diese auf: Eingelagerte Emotionen und hinderliche Glaubenssätze, die ihren Ursprung in den schmerzlichen Körper-Erinnerungen infolge des pränatalen Traumas haben. Und wir fragen ab, was braucht es, um in die eigene Kraft und Stärke zu kommen. Es geht um Trauma-Auflösung und um das Erkennen und Verändern von (Beziehungs-)Mustern in Freundschaften, Partnerschaft, in Familie und Beruf.
Lebensfreude, ein Gefühl des Ankommens bei sich selbst, das Spüren der eigenen Identität und der persönlichen Bedürfnisse, erfüllende Beziehungen, eine gesunde Abgrenzung, berufliche Zufriedenheit, finanzieller/beruflicher Erfolg, körperliche Gesundung werden wieder leichter möglich.
Die Arbeit mit diesem Thema richtet sich an betroffene Kinder, Jugendliche und Erwachsene wie auch an Eltern von alleingeborenen Kindern.
In meiner Praxis arbeite ich an diesem Thema vor allem mit dem Emotions- und Bodycode, der Körperpsychotherapie und der Bild-, Gestalt- und Traumatherapie.
Das Thema liegt mir besonders am Herzen, da ich aus eigener Erfahrung weiß, wie tiefgreifend einerseits die Folgen dieses vorgeburtlichen Verlusts sein können, wie kraftvoll und intensiv andererseits aber auch das Potenzial ist, das durch Heilung und Integration dieses Themas freigesetzt werden kann. Schließlich kann nach einer Weile der Bearbeitung der „verlorene“ Zwilling als ganz besondere Ressource erlebt und gefühlt werden. Außerdem ist anzumerken, dass alleingeborene Zwillinge schon äußerst früh Überlebensstrategien entwickeln und dadurch zumindest schon Anlagen zu enormen Ressourcen in sich tragen, die ihnen im Laufe des Lebens helfen, das Leben zu bewältigen. Und so gilt es unter anderem, sich dieser Ressourcen und Potenziale (wieder) bewusst zu werden und lebbar zu machen.
Buchempfehlungen
- „Der verlorene Zwilling“ – Evelyne Steinemann
- “Der verlassene Zwilling“ – Inge Danke
- “Der allein gebliebene Zwilling“ – Peter Bourquin
- „Das Drama im Mutterleib“ – Alfred R. und Bettina Austermann
- „Gesucht: Mein verlorener Zwilling“ – Barbara Schlochow
- „Seelenkinder und wie sie in ihrer Familie wirken“ – Sereina Heim